14 Nisan 5776 / 22. April 2016
Wie lange O Herr, wie lange?
Da ist unser Gott, auf ihn haben wir gewartet.
Der Sederabend ist der Auftakt zum Passah (äussere und innere Ordnung). Da gedenken wir unserer bescheidenen Anfänge, indem wir schmecken, tasten, lesen und über unsere Herkunft und Existenz sprechen! Das Salzwasser erinnert uns an die Tränen in der Sklaverei. Die angebratene Lammkeule mit wenig Fleisch steht für das Passahlamm, dessen Blut vergossen und über den Türpfosten angebracht wurde, so dass der Todesengel an den Häusern vorbeizog. Charosset, eine Mischung aus Mandeln, Datteln, Rosinen, Zimt und Honig ist eine klebrige Masse und steht für den Lehm, aus dem die Israeliten in den Zeiten der Knechtschaft Ziegel herstellen mussten. Wir erinnern uns an unsere ägyptischen Unterdrücker. Matze (ungesäuertes Brot), gelöchert und gestreift, erinnert uns daran, dass wir als Sklaven geschlagen, ausgepeitscht und durchbohrt wurden. Das flache Brot, ohne Hefe, steht auch für das Fehlen von Stolz, der aufbläht. In Jesaja 53 wird das Leiden, das der Messias für sein Volk auf sich nahm, sehr genau beschrieben. So sitzt unsere Familie zusammen um den Tisch – drei unserer vier Söhne und Grosskinder (unser 4te Sohn tut das gleiche mit seiner Familie in Helsinki) und vereinen unsere Herzen mit dem jüdischen Volk und Nation, um dem Allmächtigen zu danken, der über uns wacht. Zusammen mit 93 % Israeli beginnen wir unser Passah Reise ins neue Leben, in neue Hoffnung und neue Kraft. Unsere erste Berufung ist, demjenigen Ehre zu geben, dem Ehre gebührt. Indem wir uns an diese letzte Nacht in ägyptischer Gefangenschaft erinnern, bevor wir diesen Flüchtlingsstrom von 650‘000 Männern (ohne Frauen und Kinder) bildeten… wie Flüchtlinge die um ihr Leben laufen. Es gab keinen Weg zurück und keinen Weg nach vorne, aber GOTT hat die Naturgewalten benutzt und für einen Ausweg gesorgt. Diese symbolischen Elemente erinnern uns an unseren Weg aus der Sklaverei zu der Nation, die wir heute sind. Wir erzählen die Wunder während des Exodus, als Gott „auszog um sich eine Nation zu bilden“.
Das wichtigste Thema der Haggadah (hebräisch für Geschichten erzählen) gewinnt in der heutigen Zeit enorm an Bedeutung, in welcher Barbaren vor unseren Türen leben und wir den Verrat mit ansehen, indem ein Grossteil der Welt Israel routinemässig die kalte Schulter zeigt. Es zeugt von unserer Geschichte durch die Jahrhunderte hindurch. Juden leben seit 2000 Jahren im Exil, erleben Antisemitismus, Verfolgung, Vertreibung und versuchten Völkermord. Mit Ehrfurcht zitieren wir die biblischen Verse, die unsere Vorfahren tausende von Jahren zuvor aussprachen, und bedenken gleichzeitig unsere aktuelle Situation. „Die Verheissungen an unsere Vorväter gelten auch heute noch. Sie sind gegen uns aufgestanden, um uns zu zerstören, jede Generation. Aber der Heilige, gesegnet sei er, errettet uns aus ihren Händen“.
Die Hebräer blühten auf, „sie vermehrten sich, wurden stark und zahlreich“. Die Ägypter fürchteten sich vor diesem Wachstum, so wurden wir zu Staatsfeinden. Die Unterdrücker drängten uns mit Diskriminierung in die Sklaverei. Die Verfolgung ging bis zur Ermordung aller männlichen Neugeborenen. Dieser Reihenfolge der Geschehnisse wiederholt sich seither, während unseres 2000-jährigen Exils unter den Nationen, seit der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 nach Christus. Die Geschichte wiederholt sich, zuerst sind wir geduldet, dann setzt Diskriminierung ein, gefolgt von physischer Verfolgung, Exil und Ermordung. Am schlimmsten war die Nazizeit, als die ganze Welt in Krieg und Leid verstrickt und 6 Mio. Juden ermordet wurden. Wir haben in diesem Krieg einen Vater und einen Grossvater verloren. Leiden und Rettung gehört den Juden zuerst; erwählt und beschenkt mit der Erlösung vom Tod. Wir werden nicht vergessen, aber uns erinnern… zudem ist es Vollmond in der Nacht, in der wir uns an unsere Flucht aus Ägypten erinnern.
Aber heute Abend werden wir Israeli uns die Zeit dazu nehmen, die Geschichten zu erzählen, uns zu erinnern und zu freuen! Es ist unser Privileg, die Generation zu sein, welche Wunder erlebt, die nicht weniger bedeutend sind als die erste Passahnacht. Wir danken, dass wir mitten in den Wirren und ständigem Terror in dieser barbarischen Region weiterhin neue Heimkehrer empfangen dürfen, welche sich niederlassen und sesshaft werden und Wohlstand erreichen trotz allen Herausforderungen. Wir gehören zweifelsohne zu der am meisten gesegneten und privilegiertesten Generation seit dem Exodus. „Wenn der HERR Zion aufbaut, wird er in seiner Herrlichkeit erscheinen, denn das wird für die letzte Generation geschrieben. (Psalm 102.13 Hebr. Bibel).
Eine kleine Gruppe von Pionieren kam um 1880 aus Litauen und dem zaristischen Russland. Das Wiederaufleben der gesprochenen hebräischen Sprache ist mit ein Wunder in diesem ganzen Prozess, der noch heute andauert. Wunder geschahen in 1947, mitten in den politischen Agenden des kalten Krieges. Die USA und die UdSSR stimmten für ein Heimatland für die Juden, damals im November. Was für ein Wunder.
Und sogar noch ausserordentlicher in 1948 waren die Fähigkeit und Entschlossenheit des neugegründeten jüdischen Staates mit nur 600‘000 Bürgern und einem Überrest von dünnen, kriegsgeschädigten Holocaust Überlebenden. Woher kamen der Mut und die Entschlossenheit, sich militärisch gegen eine übermächtige Armee, zusammengeschlossen aus 5 arabischen Staaten, zu behaupten und diese zu besiegen. Zu jener Zeit bestand Israels Luftwaffe aus einem einzigen Piper Flugzeug und die Armee in Jerusalem besass einen Raketenwerfer, welcher demontiert und in einer Milchkanne von einem Ort zum anderen getragen wurde, um so den Arabern den Eindruck zu geben, dass viele Waffen vorhanden seien. Attrappen von Militärkriegsschiffen aus Sperrholz wurden auf Fischerboote in Haifa und Tel Aviv montiert. Es war ein Schwindel. Wir erzählen diese Heldengeschichten in unserem Klassikfilm „Apples of Gold“. Ihr könnt ihn bestellen in unserer „Klassik Serie“.
Aber das grösste Wunder seit der Staatsgründung des modernen Israel ist die Integration der Vertriebenen, so wie es praktisch jeder biblische Prophet vorausgesagt hat. Juden von überall auf der Welt kehrten in ihr biblisches Heimatland zurück. Seien es Überlebende des Holocausts oder Juden, welche aus den arabischen Staaten vertrieben wurden, mit nichts als ihren Kleidern, oder die neuen Einwanderer aus entwickelten Ländern wie Nordamerika oder Europa. Wieder andere Juden kehrten aus Naturvölkern zurück; Äthiopien, Jemen, Afghanistan und aus dem indischen Bundesstaat Mizoram. Totalitäre islamische Regimes entliessen ihre Juden.
Ebenfalls aussergewöhnlich ist der moderne Exodus aus der früheren Sowjetunion, welchem wir am Passahtisch zusammen mit dem Exodus aus Ägypten gedenken. Diese Juden galten einst als verloren und assimiliert. Sie entdeckten ihre jüdische Identität, überwanden die vergiftete, erstickende Umgebung und kamen! Zusammen mit der Unterstützung von Juden aus aller Welt waren sie massgebend am Fall des «bösen Reichs» beteiligt. Es gibt kein anderes Wort als «übernatürlich», diese ausserordentlichen Ereignisse zu beschreiben. Wir Rawlings waren dort und schufen einen einflussreichen Film der mithalf, die sowjetischen Juden zu befreien. Ebenfalls ein Klassiker, der Film heisst „Gates of Brass“. Auch diesen Film kann man bestellen. Jay hat im Januar 2016 vom Weltkongress der Juden und dem Knesset Ausschuss für christliche Freunde eine Auszeichnung für sein Lebenswerk unter anderem für diesen Dokumentarfilm erhalten. Was für ein Privileg, mit dem Filmen einen kleinen Teil dieser laufenden Ereignisse geworden zu sein, oder sollte ich sagen Geschichte!
Mit Hilfe des Allmächtigen leisteten die Familien Israels, Professionelle und Laien, einen unglaublichen Beitrag in der Aufnahme dieser neuen Einwanderer. Viele dieser Flüchtlinge kamen aus der Bedrängnis, die meisten konnten sich erholen im Schutz Israels. Der Erfolg wächst auf dem Boden ihrer alten Heimat, sie erhalten einen Ort, wo sie Juden sein können, frei zur Entfaltung und zum Aufblühen. Sie umarmten ihre früher verbotene jüdische Kultur, Tradition und Glauben mit Begeisterung.
Nachdem dieses «Volk des Buches» ein Staat geworden war, ohne jede Macht seit 2000 Jahren, schuf es beinahe über Nacht eine der mächtigsten regionalen Armeen, welche trotz ihrer Grösse als eine der stärksten militärischen Macht in der Welt gilt. Israel zeigt weiterhin ein unglaubliches Geschick in der Abwehr von Aggressionen und in der Verteidigung von jüdischen Menschen jeden Tag. Diese Woche wurde ein Bus in Jerusalem mit einer Feuerbombe der Hamas attackiert. 20 Personen wurden verletzt, zwei davon schwer. Der einzige Tote war der 19jährige palästinensische Terrorist aus Bethlehem im Dienst der Hamas. Er wurde selbst ein Opfer von Täuschung und Lügen. Wie traurig. Ebenfalls letzte Woche wurden 2 Tunnels der Hamas aus dem Gazastreifen nach Israel offengelegt und zerstört. „Er der wacht über Israel, schläft und schlummert nie.“
Mit grosser Dankbarkeit erzählen wir einander unsere Geschichte und singen Lieder. Trotz der ständigen Bedrohung durch terroristische Attacken, einschliesslich durch den Iran und die Hisbollah im Libanon mit ihren 100‘000 iranischen Geschossen, welche auf Israel gerichtet sind, werden wir uns erinnern! Ja, wir waren Sklaven, aber heute sind wir freie Menschen, von „Gott erwählt um sich einen Namen zu machen“. Heute feiern wir unsere Geschichte, getragen von Hoffnung, Mut und Entschlossenheit, welche uns bis heute auf diesem übernatürlichen Weg begleiten. Diejenigen unter uns, welche an eine göttliche Gegenwart glauben, werden Freude und Dankbarkeit über unsere Neugeburt ausdrücken. Bitte schliesst euch uns an im Gebet und Dank, dass GOTT der HERR weiterhin über seinem Volk wacht. Hag Samach!
Meridel Rawlings in Jerusalem… Auszüge aus „Candidly Speaking“, Isi Leibler, Jerusalem Post