Wenn ich das Wort «Maske» erwähne, was kommt Euch in den Sinn?
Ist es eine Fangfrage?
Nein.
Masken waren mir nicht fremd, denn als Krankenschwester trug ich, im Operationssaal, oder bei der Arbeit mit ansteckenden Krankheiten, eine Maske. Das Tragen einer Maske gehörte einfach zum «Dienstanordnung».
Heute tragen alle Menschen schon seit über einem Jahr Masken. Ich kaufe die billigsten und gängigsten in unserem örtlichen Supermarkt. Es stört mich nicht, dass meine Masken identisch mit den meisten anderen sind. Ich setze meine Maske auf, wenn ich das Haus verlasse, um meiner täglichen Routine nachzugehen; unbeeindruckt davon, sie tragen zu müssen. Wenn ich nach Hause komme, stecke ich sie in meine Tasche.
Kürzlich hatten meine Söhne und ich eine Situationsbesprechung und sie äusserten sich folgendermassen: «Mit der Veröffentlichung deines neuesten Buches wirst du eine grössere Präsenz in den sozialen Medien benötigen».
Ich fühlte mich unwohl mit dieser Aussage, und darum war meine Antwort negativ. Ich konnte ihnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen, «warum». Jedes Mal, wenn dieses Thema zur Sprache kam, wurde ich von einer irrationalen Angst befallen. Dies war für mich beunruhigend. Warum hatte ich Angst vor den so genannten «sozialen Medien»? Ist das in der heutigen Zeit nicht der Weg nach vorne? Unsere letzte Diskussion liess mich «über die Kante in den Panikmodus rutschen». Da wurde mir klar, dass ich mich zurückziehen und mir Zeit nehmen musste, um Antworten zu finden.
Als ich zur Ruhe, kam erinnerte ich mich daran, dass ich als junger Mensch extrem zurückhaltend und schüchtern war. Entsprechend dieser Kriterien wählte ich meine Freunde aus. Ich genoss zwar die Kameradschaft sowohl mit Männern wie auch mit Frauen. Bei unseren Zusammenkünften wurde ich jeweils gebeten, meine «humorvollen» theatralischen Unterhaltungen mitzubringen. Ich tat dies, indem ich zuerst eine Maske aufsetzte. Auf mysteriöse Weise verwandelte ich mich dann in eine Komödiantin, die viel Unsinn erzählte. Ich war überrascht, dass durch das Tragen einer Maske, mein Gefühl von Freiheit und Selbstvertrauen wuchs. Von meinen Freunden angestachelt, liess ich mich gehen und genoss den Moment. Diese Art Humor brachten uns zum Lachen, wie es nur eine Komödie fertig bringt. Für diese wenigen magischen Momente schwebte ich auf den Wellen der Freude und des Humors. Im Nachhinein fragte ich mich: «Ist das die Art von Wirkung, welche Drogen und der Alkohol haben, um andere aufzulockern?»
Welche Dynamik war tief in mir am Werk? Was war das Geheimnis dieser neu gefundenen «joie de vivre» (Lebensfreude)? Weshalb konnte das Tragen einer Maske in mir einen solchen Unterschied bewirken? Ich überlegte mir dieses Phänomen sorgfältig. Woher kam diese emotionale Befreiung, welche ich so geniessen konnte?
Als Kind wurde ich gezwungen, jederzeit wachsam zu sein. Bald wurde ich zu ernsthaft und fühlte mich für alles verantwortlich. Warum? Seht, ich arbeitete hart daran, «nicht wahrgenommen» zu werden. Das war mein Bestreben in all den Jahren, in welchen ich aufwuchs. Ich strengte mich an, meine Gefühlsregungen und Gesichtszüge im Zaum zu halten. Das war aber nur in Anwesenheit ganz bestimmter Familienmitglieder der Fall. Ganz gleich, wie die Dinge aussahen, ich wusste, dass ich nicht sicher war. Angst beherrschte mein Leben und hielt mich ständig wachsam und hyperalarmiert. Ich versuchte, mich von “ihnen” fernzuhalten, indem ich daran arbeitete, unauffällig, ja sogar unsichtbar zu sein. Für mich war es unabdingbar, von diesen wenigen (Personen) übersehen zu werden. Das IST normal, wenn man innerhalb der eigenen Familie mit Missbrauch konfrontiert wird.
Ich muss meine Söhne daran erinnern: “Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, als dass Leute meine Post lesen? Warum?” Ich antworte: “Ich habe mich ein Leben lang bemüht, nicht im Rampenlicht zu stehen. Still Small Voice ist der perfekte Titel für meine Website. www.stillsmallvoice.tv”. Meine Söhne zucken mit den Schultern und flüstern verzweifelt: “Mutter!” Diese Aussage bewegen mich, daran zu arbeiten, die Angst vor dem «ausgestellt sein» zu überwinden.
Um also ganz auf «das Thema Maske” zurückzukommen …
Jetzt verstehe ich, warum es mir als Teenager Spaß gemacht hat, die Maske aufzusetzen. Das fadenscheinige Ding gab mir ein falsches Gefühl von Privatsphäre und Schutz. Mich sicher zu fühlen, durch diese spontanen komischen Einlagen, schenkten mir Entspannung. Vernünftig erklärt heisst das, die Maske bot mir eine “schützende Hülle”. Ja, das klang damals genauso irrational wie heute. Immerhin war Humor damals die beste Medizin und ist es immer noch!
«Also, welchen Unterschied hat die COVID-Maske in Euer Leben gebracht, wenn überhaupt?»
Fühlt Ihr Euch hinter der Maske isoliert?
Ärgert Ihr Euch an dem Befehl, «eine Maske tragen zu müssen?»
Glaubt Ihr, dass die Maske Euch schützt, so wie ich sie früher unter anderen Umständen getragen habe?
Gebt Ihr mehr aus für eine einzigartige oder für besondere Masken?
Habt Ihr das Gefühl, Eure Maske hebt Euch von anderen ab?
Hilft sie Euch dabei, Euer Bedürfnis, “besonders” zu sein, in dieser “Pandemie der Personenlosigkeit” zu definieren?
Oder ist die Maske eine echte Barriere?
Von was hält sie Euch ab, zu tun?
Wie wäre es, freundlich zu sein?
Wie würdet Ihr die Bewältigungsfähigkeiten der Maske in diesem Bereich einschätzen?
1 – 10?
Vielleicht ist dies die wichtigste Frage, welche wir uns alle stellen müssen: «Wie kann ich meine Gutherzigkeit, welche in mir wohnt, nach aussen strahlen lassen?» Gott sei Dank kann ich heute sagen: «Ich bin derselbe Mensch, ob mit oder ohne Maske. Ich lächle weiterhin meistens jeden an, dem ich begegne.» Ich freue mich, wenn sie zurücklächeln, egal ob kleine Kinder oder Erwachsene.
Woher weiß ich, dass sie lächeln?
Auch ihre Augen lächeln mich an! Manchmal sprechen wir sogar miteinander.
Meridel Rawlings
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